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Der Begriff Minimalismus steht für die Beschränkung auf das Nötigste, bedeutet im Zusammenhang mit dem Lebensstil meint er, auf Dinge zu verzichten, die nicht gebraucht werden und so Ballast zu vermeiden. Aber was ist Ballast für uns Menschen? Das definiert wahrscheinlich jeder von uns anders. Im Grunde geht es einfach um die Entscheidung: Was bringt uns in irgend einer Form einen Mehrwert, was ist nutzlos und überflüssig. Dabei geht es durchaus nicht nur um materielle Dinge sondern auch um Gefühle, um Beziehungen, um die Gesundheit, den Job, das Lebensgefühl überhaupt. Aber fangen wir ruhig einmal mit dem materiellen Ballast an:

Der Konsumwahn – eine Geisel der Wohlstandsgesellschaft

Da haben wir schon einen, vielleicht sogar 2 volle Kleiderschränke, 40 Paar Schuhe, mehrere Schubkästen voller, Wäsche, Socken, Schals, Tüchern und Mützen, Hüten und Taschen, aber immer noch gehen wir auf Shopping-Tour, auf Schnäppchenjagd. Sehr oft kaufen wir Sachen, die wir eigentlich nicht brauchen, von Geld das wir im Grunde nicht übrig haben, aus den falschen Gründen. Mit dem einundvierzigsten Paar Schuhe kaufen wir uns eine Belohnung, mit neuen Jeans trösten wir uns über einen Kummer hinweg, mit der neuen Designer-Tasche wollen wir die neidische Kollegin ärgern, mit der super-schicken Sonnenbrille die Freundin beeindrucken. Wir kaufen Dinge auch deshalb, weil wir glauben, sonst nicht richtig dazuzugehören und nicht, weil wir sie tatsächlich benötigen.

So sieht es nicht nur bei Klamotten und Zubehör aus, sondern auch bei anderen Einkäufen. Wir haben Weihnachtsdeko, die für drei Häuser reichen würde, Unmengen an sinnlosen „Küchenhelfern“,für jede Art Getränk ein besonderes Glas und wir kaufen immer weiter. Weil die Werbung uns verlockt, weil die Schwester so etwas hat oder warum auch immer. Dieser Kaufzwang kostet uns viel Geld, viel Zeit und viel Platz und macht am Ende überhaupt nicht glücklich. Wie viel leichter und bequemer würden wir leben, wenn unser ganzer Besitz in ein Zimmer und einen Koffer passen würde. Aber so extrem muss der Minimalismus ja gar nicht gelebt werden. Es genügt schon, darüber nachzudenken, ob dass, was wir gerade kaufen wollen, unser Leben leichter machen oder wirklich bereichern wird oder am Ende unnützer Ballast ist. 

Emotionales Gerümpel schadet der Seele 

Kommen wir nun zur immateriellen Seite. Minimalistisch zu leben heißt auch, nicht immer neuen Reizen, neuer Unterhaltung hinterher zu jagen und danach zu streben, gesellschaftlich anerkannt und überall beliebt zu sein. Das führt nämlich dazu, dass wir nur so durchs Leben hetzen, aber nicht wirklich leben. Das Leben im „Hamsterrad der Pflichten“ führt dazu, dass wir gar nicht mehr dazu kommen, unsere eigenen Gefühle zu verstehen, Konflikte erkennen, benennen und ausräumen können.

Besser ist es Dinge zu tun, die uns gut tun, uns Freude machen oder auch einfach mal gar nichts. Ruhe, Muse und Entspannung, ein schöner Spaziergang, ein spannendes Buch, Zeit für die liebsten Menschen, alles ist wichtiger als der Drang, jedermanns Darling und überall unentbehrlich zu sein und sich dabei völlig zu verausgaben. Und wenn wir in Ruhe darüber nachdenken, hat wohl mancher von uns Freunde, die eigentlich gar keine sind, Beziehungen, die nicht gut tun und Internet-Bekannte, die eigentlich nur nerven.Auch das ist Ballast, den wir besser abwerfen sollten.

Leben um zu arbeiten – ein Irrweg

Lange war dieser Satz ein Dogma. Wir haben gelebt um zu arbeiten. Nur wer lange an der Werkbank stand oder im Büro saß, nur wer studierte und wenn er es schaffte promovierte, machte Karriere, verdiente gutes Geld und konnte sich den Luxus leisten, den er zu brauchen glaubte. Aber was ist das Ergebnis? Die Hälfte aller Arbeitnehmer in unserem Land fühlt sich gestresst und total ausgelaugt. Burnout ist im Vormarsch, Mobbing und Depressionen kommen immer häufiger vor. Auch hier kann Minimalismus Abhilfe schaffen. Etwas kürzer treten, vielleicht nur noch halbtags arbeiten, einmal ganz auszusteigen, sich Träume erfüllen oder durch die Welt zu reisen. Sicher, das kann nicht jeder, aber es gibt viele Möglichkeiten. Ein Jobwechsel, das Sabbatical, ein Auszeitjahr.

Es lohnt sich auf alle Fälle, einmal ernsthaft darüber nachzudenken, ob wir das nicht doch finanziell stemmen könnten. Schließlich spart der Minimalist ja auch viel Geld durch weniger Konsum. Und selbst wenn diese Möglichkeiten nicht bestehen, sollten wir über Alternativen wie Gleitzeiten-Nutzung, das Arbeiten von Unterwegs oder zu Hause, Job-Sharing und Gehaltsverzicht gegen Freizeitgewinn ernsthaft nachdenken und dafür vielleicht aufs Eigenheim, auf ein neues Auto, die neue Couch zu verzichten.

Die Nachteile des minimalistischen Lebensstils

Obwohl dieser Lebensstil weniger Krempel, mehr Zeit, ein zufriedeneres und glücklicheres Leben, weniger Stress und eine bessere Gesundheit bedeutet, hat er auch Schattenseiten. Allerdings liegen die einzig und allein in der Reaktion der Mitmenschen. Wer Modetrends nicht mit macht, nicht ständig neu gekleidet ist und auf Shopping-Touren weitgehend verzichtet, kann den Kontakt zu manchen „Freunden“ verlieren. Es ist auch möglich, auf Skepsis oder sogar Ablehnung zu stoßen, wenn wir unseren Lebensstil ändern und andere Prioritäten setzen. Allerdings sollte uns das nicht abschrecken. Wer seine Freunde danach aussucht, was sie alles haben und wie sie ihr Leben gestalten, den können wir ohne Traurigkeit seiner Wege gehen lassen.

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